Nitritpökelsalz – ja oder nein?

Dieser Beitrag wurde verfasst von: Räucherwiki

Nitritpökelsalz: überflüssige Chemie oder nützliches Hilfsmittel? Was man über NPS wissen sollte

Die Meinungen zur Verwendung von Nitritpökelsalz gehen sehr weit auseinander. Schuld daran sind meist falsche, oder mangelhafte Informationen. Wir haben uns intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und wollen an dieser Stelle mit einigen Mythen aufräumen. Dazu wollen wir uns zuerst die häufigsten Falschaussagen über Pökelsalz anschauen.

Irreführende Aussagen zur Verwendung von Pökelsalz:

Achtung: Diese Aussagen sind aus dem Zusammenhang gerissen. Schaut man näher hin und sieht sich die Zusammenhänge an, ergibt sich ein völlig neues Bild.

Ist Nitrit wirklich giftig?

Ja und nein. Richtig ist, dass Nitrit eine verhältnismäßig geringe Toxizität hat. Bei gesunden Erwachsenen ist eine akute Gefährdung praktisch ausgeschlossen, solange man Nitrit(pökelsalz) nicht löffelweise zu sich nimmt. Deswegen können wir auch ohne Probleme eine größere Menge Spinat verzehren, welcher relativ viel Nitrit enthalten kann. (Siehe Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 18. August 2009)

Achtung mit Pökelsalz bei Säuglingen!

Anders sieht es bei Säuglingen in den ersten Lebensmonaten aus: diese sollten mit Nitrit nicht in Berührung kommen, weil es die roten Blutkörperchen derart verändert, dass diese keinen Sauerstoff mehr aufnehmen. Es kommt zum Sauerstoffmangel (Methämoglobinämie).

Methämoglobinämie bei Erwachsenen

Ein gesunder Erwachsener müsste für eine Methämoglobinämie ca. 500mg Nitrit zu sich nehmen. Das ist bei ordentlich hergestellten Pökelwaren wegen des geringen Restnitritgehalts kaum möglich. Die Wahrscheinlichkeit, sich durch den Verzehr von nitrathaltigem Gemüse mit Nitrit zu vergiften, liegt da schon um einiges höher (Nitrat wird in kleinen Mengen im Speichel zu Nitrit umgebaut).

Bekommt man von Pökelsalz Krebs?

Jedes Gift ist eine Frage der Dosis. Die langfristige Aufnahme von Nitrit in größeren Mengen kann problematisch sein. Es besteht der begründete Verdacht, dass Nitrit im Körper unter Einwirkung der körpereigenen Aminen zu Nitrosaminen umgebaut wird. Vielen dieser Verbindungen wurden im Tierversuch auch in geringer Dosierung eine krebserregende Wirkung nachgewiesen.

Allerdings: Bei US-Bürgern wurde festgestellt, dass die Aufnahme von Nitrit, welches durch den eigenen Speichel gebildet wird, durchschnittlich 67,5% der Tagesmenge entspricht. Geräucherte Fleischerzeugnisse machen mit 30,7% weniger als die Hälfte aus (siehe “Lebensmittelchemie” von Werner Baltes, Springer Verlag, 5. Auflage, S.250). Man darf davon ausgehen, dass sich die Werte bei EU-Bürgern in ähnlichen Dimensionen bewegen.

Um die Frage abschließend zu beantworten: eine intensive Zuführung von Nitrit kann zu erhöhter Nitrosaminbildung und damit auch zu Krebs führen. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Pökelsalz eine Krebserkrankung induziert. Es ist wichtig, bei der Herstellung von Pökelware und Rohwürsten alles richtig zu machen, damit die fertigen Erzeugnisse möglichst geringe Mengen Restnitrit enthalten – idealerweise sogar gar kein Nitrit mehr. Dazu später mehr.

Und was kann Nitrit außer Umröten sonst noch?

Die Behauptung, Nitrit sei einzig und allein für die schöne Farbe des Fleischs zuständig, ist leider komplett falsch. Die Umrötung ist bestenfalls als netter Nebeneffekt zu bezeichnen. Genauso verhält es sich mit dem typischen Pökelaroma. Dieses ist nur unter Verwendung von Nitrit zu erreichen, zählt aber ebenfalls zu den netten Nebeneffekten.

Pökelsalz als Konservierungsmittel

Das maßgebliche Argument für die Verwendung von Nitritpökelsalz ist seine Eigenschaft als Konservierungsmittel, in der es gegen bestimmte Gruppen von Keimen, speziell gegen Salmonellen und das Bakterium Clostridium botulinum wirksam ist. Letzteres ist für die Produktion von Botulinumtoxin in Lebensmitteln verantwortlich. Die Aufnahme dieses Gifts kann zu Botulismus führen. Dieses Bakterium ist anaerob. Das bedeutet, dass es unter Ausschluss von Sauerstoff gedeiht. Wer im Vakuum pökelt, schaltet mit Pökelsalz das Risiko an Botulismus zu erkranken also weitestgehend aus.

Pökelsalz gegen Fettoxidation

Eine weitere, positive und auch wichtige Eigenschaft des Nitrits ist die antioxidative Wirkung. Die Stickoxide, die beim Abbau entstehen, binden sich u. a. an das fleischeigene Eisen sowie andere, sauerstoffbindende Stellen an, blockieren diese für eine Reaktion mit Sauerstoff und vermindern so die Gefahr des Ranzigwerdens des Fetts.

Warum Zucker kein Ersatz für Nitrit ist

Hartnäckig hält sich der Mythos, man könne zum Umröten Zucker anstelle des Nitrits verwenden. Natürlich hat Zucker bei der Herstellung von Rohpökelwaren und Rohwürsten eine wichtige Funktion bei der Umrötung. Er versorgt die am Pökelprozess beteiligten Milchsäurebakterien mit Nahrung. Diese widerum sorgen für einen niedrigen pH-Wert und unterstützen damit die Umwandlung von Nitrit in Stickoxyd und somit auch die Umrötung.

Lässt man das Nitrit weg und erhöht stattdessen die Zuckerdosis, gibt man den Bakterien einfach nur mehr Futter und sie produzieren in Folge mehr Milchsäure. Zur Umrötung trägt das aber nicht bei, da kein Nitrit vorhanden ist, dass in Stickoxyd umgewandelt werden könnte.

Wie hat man es früher gemacht?

Gerne werden die vermeintlichen Großeltern zur Beweisführung herangezogen und Behauptungen aufgestellt wie “Früher hat man auch ohne NPS gepökelt und es niemand daran gestorben”.

Diese Aussage ist aus mehrerlei Hinsicht problematisch. Erstens hat man früher vieles anders gemacht, weil man es einfach nicht besser wusste und/oder über gewisse Möglichkeiten nicht verfügt hat. Inzwischen haben sich aber Wissenschaft, Technologie und Hygienstandards auf ein völlig neues Level weiterentwickelt. Hätte man früher das Wissen und die Möglichkeiten von heute gehabt, hätte man auch Gebrauch davon gemacht.

Zweitens wurde vor der Einführung von NPS viel mit Salpeter (Nitrat) gearbeitet. Dies wurde im Laufe des Pökel- und Reifungsprozesses von beteiligten Mikroorganismen ebenfalls zu Nitrit umgebaut.

Drittens ist es eine nicht belegbare Behauptung, dass frühzeitliche Methoden im Vergleich zu heute nicht doch häufiger zu gesundheitlichen Problemen geführt haben. Schauen wir doch einfach mal beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung vorbei. Dort finden wir eine Übersicht über die “Lebenserwartung bei Geburt” von 1871-2021. Vergleicht man nun z. B. den Zeitraum von vor 100 Jahren mit dem durchschnittlichen Sterbealter von heute stellt man fest, dass die Menschen heutzutage im Schnitt ca. 30 Jahre älter werden. Dies wird u. a. auf eine gesundheitsbewusstere Lebensweise zurückgeführt und widerspricht damit der Darstellung, dass die Pökelmethoden unserer Großeltern die besseren waren.

Zusammenfassung: so wirkt Nitritpökelsalz wirklich

Was ist für eine unbedenkliche Verwendung von NPS zu beachten?

Nitrit wird unter den richtigen Bedingungen während des Pökel- und Reifungsverlaufs in Stickoxid umgewandelt. Deswegen enthalten korrekt hergestellte Erzeugnisse am Ende nur noch geringe Restmengen oder sogar gar kein Nitrit mehr. Folgende Parameter helfen dabei, mit Pökelsalz hergestellte Erzeugnisse bedenkenfrei genießen zu können:

Soll man nun Pökelsalz verwenden oder nicht?

Nun sollte klar sein, dass Nitritpökelsalz nicht das Gift ist, als das es gerne hingestellt wird. Wir wollen aber an dieser Stelle keine Entscheidung für andere treffen oder eine allgemeine Gültigkeit für unsere eigene Einstellung zur Sache beanspruchen. Jeder muss für sich selber wissen, ob er Nitritpökelsalz verwenden möchte, oder nicht. Am Ende ist alles eine Frage der individuellen Risikoabwägung.

Wir sind uns jedenfalls vollkommen sicher darüber, dass wir für die Herstellung von gesundheitlich unbedenklicher Rohpökelware eher dazu neigen, die Verwendung von NPS zu empfehlen als davon abzuraten.

Wir hoffen, wir konnten Dir mit diesem Beitrag etwas Klarheit verschaffen. Was Du am Ende daraus machst, bleibt Dir überlassen.

Quellen:

Wir haben einige Quellen bereits innerhalb des Artikels benannt und ggf. verlinkt. Ergänzend dazu wurden folgende Quellen herangezogen:

13 Kommentare zu „Nitritpökelsalz – ja oder nein?“

  1. Hallo,
    in diesem Artikel wird auf die Verwendung von Hilfsstoffen wie Natriumascorbat und Ascorbinsäure zur Umwandlung von Nitrit in Stckoxyd hingewiesen, vermutlich damit sich beim Braten keine Nitrosamins bilden.
    In den Räucherrezepten finde ich aber keine Angaben/Mengen im Verhältniss zum verwendeten Nitritpökelsalz dazu.

  2. Starik

    Super Artikel
    Ausdrucken und im Kochbuch/Räucherbuch abheften.
    MFG
    Dr. K.-H.J. Fey
    z.Zt.: in Istanbul-Yeniköy.
    Wer sich meine Räucherkammer ausleihen möchte: Ist Willkommen.

  3. In allen Räucherrezepten steht, dass Pökelsalz 0,4-0,5 % Nitrit enthalten soll.
    Hier wird geschrieben, dass stärkeres verdünnt werden soll.

    Warum gibt es überhaupt “Nitritpökelsalz stark” mit 0,8 bis 0,9 % Nitrit?

    Mein Händler hat mir leider versehentlich das starke geschickt. Soll ich es zurückschicken oder einfach die Dosis halbieren?

    1. Danyel

      Die stärkeren Konzentrationen sind für den professionellen Gebrauch bestimmt. Für den Hausgebrauch sind die Rezepte auf die geringere Dosierung ausgelegt um zu vermeiden, dass im fertigen Erzeugnis zu viel Restnitrit enthalten ist. Du brauchst Dein NPS nicht zurückzuschicken. Einfach gründlich 1:1 mit Kochsalz, Steinsalz oder Meersalz mischen und schon stimmt die Dosierung. Gutes Gelingen und Grüße, Danyel

  4. Hinnerwaeldler

    Hallo, danke für den Artikel – super!
    Eine Frage habe ich jedoch. Ic/ habe mir NPS im Großmarkt gekauft, aber da steht nirgends wie viel % drin sind? Woher bekomme ich die Info wie „stark“ es ist? Danke.

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